"Kann es sein, dass Weibsvolk anwesend ist?", ruft der Aufseher im Film "Das Leben des Brian", denn im damaligen Judäa ist es ausschließlich Männern erlaubt, an Steinigungen teilzunehmen. An diese Szene musste ich denken, als ich das Foto vom Wirtschaftsgipfel im Kanzleramt sah, wo sich am Montag die deutsche Wirtschaftselite versammelt hatte, um im Beisein des Kanzlers ihre Milliarden-Investitionen zu loben, die sie – beziehungsweise ihre Unternehmen – in den kommenden Jahren im heutigen Deutschland beabsichtigen zu tätigen. Sagt man das so?
Auf dem Foto waren jedenfalls neben dem Kanzler, dem Chef der Deutschen Bank und dem Chef von Siemens viele, viele weitere wichtige Chefs aufgereiht, wie zu einem lebenden Mahnmal gegen Diversität. Im "Leben des Brian" trugen die Frauen angeklebte Bärte, um bei der Steinigung nicht aufzufallen. Beim Wirtschaftsgipfel habe ich unter 44 Männern auch nur zwei erkannt, ganz am Rand. Links im weißen Hosen(!)-Anzug: CDU-Wirtschaftsministerin Katherina Reiche, rechts im lachsfarbenen Kleid: die Chefin der Commerzbank, Bettina Orlopp – unsere Person der Woche.
Man will es auch nicht übertreiben mit den Frauen. Sage nicht ich, sagt die Wirtschaft. In börsennotierten Unternehmen gibt es bis heute mehr Vorstandsmitglieder, die Thomas oder Michael heißen als Frauen. Inzwischen ist immerhin ein Viertel aller Dax-Vorstände weiblich, aber nur vier der Top-40-Unternehmen werden von Frauen als CEO geführt. Neben Bettina Orlopp sind das Belén Garijo (Merck), Karin Rådström (Daimler Truck) und Helen Giza (Fresenius Medical Care).
Hätte das jemandem im Kanzleramt auffallen können? Darüber habe ich mit Veit Medick diskutiert in unserem 5-Minuten-Talk, den Sie hier kostenlos hören und natürlich auch abonnieren können.
Meine Kollegin Jenny von Zepelin, stellvertretende Chefredakteurin des Wirtschaftsmagazins Capital hält den Merz’schen Männerklüngel übrigens für ein "Armutszeugnis für Deutschland", wie Sie in Ihrem lesenswerten Kommentar schreibt.